Genehmigungen für Gabelstapler im öffentlichen Verkehrsraum
Gabelstapler sind in der Regel auf Betriebsgeländen und in Lagerhallen im Einsatz. Doch in einigen Fällen müssen diese Fahrzeuge auch im öffentlichen Verkehrsraum bewegt werden, etwa beim Wechsel zwischen zwei nahegelegenen Standorten. Bevor ein Gabelstapler im öffentlichen Verkehrsraum eingesetzt werden kann, sind besondere Genehmigungen einzuholen. Welche Genehmigungen sind bei Gabelstaplern erforderlich, wenn diese auf öffentlichen Straßen eingesetzt werden sollen?
Stapler sind zulassungsfrei. Gabelstapler, welche von den Vorgaben zu Abmessungen, Kurvenlaufeigenschaften, Achslast, Gesamtgewicht, Sichtfeld, Bereifung, oder Laufflächen nach der StVZO abweichen, benötigen eine fahrzeugtechnische Ausnahmegenehmigung und eine straßenverkehrsrechtliche Genehmigung.
In diesem Artikel werden die Voraussetzungen, der Genehmigungsprozess und die relevanten gesetzlichen Bestimmungen für den Einsatz von Gabelstaplern im öffentlichen Verkehrsraum erläutert – darunter:
- Zulassungsrechtliche Einordnung von Gabelstaplern
- Inbetriebsetzung von Gabelstaplern
- Fahrzeugtechnische Ausnahmegenehmigungen von Gabelstaplern
- Genehmigungen wegen übermäßiger Straßennutzung von Gabelstaplern
- und vieles mehr …
Bereit? Los geht’s!
Zulassungsrechtliche Genehmigung eines Gabelstaplers
Stapler bedürfen nach den Vorgaben der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (Fahrzeug-Zulassungsverordnung – FZV) keiner Zulassung (§ 3 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe a FZV).
Mit anderen Worten: Gabelstapler sind zulassungsfrei.
Die FZV definiert den Begriff Stapler.
Stapler sind Kraftfahrzeuge, die nach der Bauart für das Aufnehmen, Heben, Bewegen und Positionieren von Lasten bestimmt und geeignet sind (§ 2 Nummer 17 FZV).
Inbetriebsetzung eines Gabelstaplers
Stapler dürfen auf öffentlichen Straßen nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie einem genehmigten Typ entsprechen oder eine Einzelgenehmigung erteilt ist (§ 4 Absatz 1 FZV).
Um vom einen Betriebsgelände auf ein anderes Betriebsgelände zu gelangen, kann das Befahren öffentlicher Straßen erforderlich sein.
In diesem Fall dürfen Stapler nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie einem genehmigten Typ entsprechen oder eine Einzelgenehmigung erteilt ist.
Bei Staplern mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 20 km/h besteht für das in Betrieb setzen auf öffentlichen Straßen Kennzeichenpflicht (§ 4 Absatz 2 Nummer 1 FZV).
Mit anderen Worten: Stapler benötigen ein Kennzeichen, wenn sie mehr als 20 km/h fahren und auf öffentlichen Straßen fahren sollen.
Beispiel:
Ein Stapler des Herstellers “Linde Material Handling GmbH” mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h benötigt kein Kennzeichen, da die bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit nicht mehr als 20 km/h beträgt.
Er darf allerdings nur in Betrieb gesetzt werden, wenn er einem genehmigten Typ entspricht oder eine Einzelgenehmigung erteilt ist.
Wie öffentliche Straßen vom nicht öffentlichen Verkehrsraum abgegrenzt werden, erfährst du im Artikel Geltungsbereich der StVO: Öffentlicher Verkehrsraum und nicht öffentlicher Verkehrsraum erklärt auf dieser Website.
Fahrzeugtechnische Ausnahmegenehmigung für einen Gabelstapler
Das Befahren des öffentlichen Verkehrsraums kann für Stapler erforderlich sein, um von einem Betriebsgelände zu einem anderen Betriebsgelände zu gelangen.
Stapler müssen beim Betrieb im öffentlichen Verkehrsraum die Vorgaben zu Abmessungen, Kurvenlaufeigenschaften, Achslast, Gesamtgewicht, Sichtfeld, Bereifung und Laufflächen nach der StVZO einhalten.
Weicht ein Stapler von den Vorgaben zu Abmessungen, Kurvenlaufeigenschaften, Achslast, Gesamtgewicht, Sichtfeld, Bereifung oder Laufflächen ab, benötigt er zum Befahren öffentlicher Straßen eine fahrzeugtechnische Ausnahmegenehmigung.
Eine fahrzeugtechnische Ausnahmegenehmigung kann nach § 70 StVZO erteilt werden.
Beispiel:
Ein Stapler des Herstellers “Linde Material Handling GmbH” weist eine geringfügige Sichtfeldbeeinträchtigung durch das Hubgerüst auf. Er weicht demnach von den Vorgaben zum Sichtfeld ab.
Ferner weist der Stapler Gummireifen ohne gefederte Triebachse auf. Räder von Kraftfahrzeugen müssen mit Luftreifen ausgestattet sein (§ 36 Absatz 3 StVZO). Statt Luftreifen sind für Kraftfahrzeuge ohne gefederte Triebachse bei Höchstgeschwindigkeiten von nicht mehr als 16 km/h Gummireifen zulässig (§ 36 Absatz 8 StVZO). Der betreffende Stapler weist allerdings eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 16 km/h auf. Damit weicht er von den Vorgaben zur Bereifung ab.
Erfordernis einer fahrzeugtechnischen Ausnahmegenehmigung für einen Gabelstapler
Aus der Allgemeinen Betriebserlaubnis (ABE) des Herstellers oder dem Gutachten eines Sachverständigers lässt sich in der Regel entnehmen, ob ein Gabelstapler eine fahrzeugtechnische Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO benötigt.
Fahrzeugtechnische Ausnahmegenehmigungen nach § 70 StVZO werden im Einzelfall vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) bereits in der ABE erteilt.
Fragen zur Notwendigkeit von fahrzeugtechnischen Ausnahmegenehmigungen nach § 70 StVZO können Antragsteller an die zuständige Verwaltungsbehörde richten.
Fahrzeugtechnische Ausnahmegenehmigungen nach § 70 StVZO werden in der Regel von der höheren Verwaltungsbehörde erteilt. Diese beantwortet auch Fragen zum Verfahrensablauf.
Die Erteilung von fahrzeugtechnischen Ausnahmegenehmigungen nach § 70 StVZO kann jedoch auf die unteren Verwaltungsbehörden delegiert worden sein.
Unter Verwaltungsbehörden sind beispielsweise kreisfreie Städte oder Landratsämter.
Auf Grundlage der vorgelegten Unterlagen kann die höhere Verwaltungsbehörde bzw. die untere Verwaltungsbehörde eine Aussage darüber treffen, ob eine fahrzeugtechnische Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO benötigt wird.
Tipp für Antragsteller: Der Sachverhaltsdarstellung sollte zusätzlich die Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) des Herstellers oder ein Gutachten eines Sachverständigers beigefügt werden.
Zuständigkeit bei einer fahrzeugtechnischen Ausnahmegenehmigung für einen Gabelstapler
Die höheren Verwaltungsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte einzelne Antragsteller Ausnahmen von den Vorschriften über die Abmessungen, den Kurvenlaufeigenschaften, der Achslast, dem Gesamtgewicht, dem Sichtfeld, der Bereifung oder den Laufflächen genehmigen (§ 70 Absatz 1 Nummer 1 StVZO).
Wie bereits oben beschrieben, kann aufgrund landesrechtlicher Vorgaben die Bearbeitung von fahrzeugtechnischen Ausnahmegenehmigungen nach § 70 StVZO bei den unteren Verwaltungsbehörden liegen.
Die höhere Verwaltungsbehörde bzw. die untere Verwaltungsbehörde verlangt zur Ausstellung einer fahrzeugtechnischen Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO ein Gutachten eines Sachverständigers.
Gutachten für eine fahrzeugtechnische Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO erstellt beispielsweise der TÜV.
Straßenverkehrsrechtliche Genehmigung für einen Gabelstapler
Wenn eine fahrzeugtechnische Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO für einen Gabelstapler erforderlich ist, ist ebenso ein Antrag auf eine straßenverkehrsrechtliche Genehmigung nach § 29 Absatz 3 StVO notwendig.
Eine Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 StVO ist erforderlich, um mit dem Gabelstapler eine öffentliche Straße zu befahren und beispielsweise von einem Betriebsgelände zu einem anderen Betriebsgelände zu gelangen.
Erlaubnisse nach § 29 Absatz 3 StVO werden bei der Straßenverkehrsbehörde beantragt und regeln den Fahrtweg oder den Bereich, indem gefahren werden darf.
Flächendeckende Dauergenehmigung für einen Gabelstapler
Gabelstaplern kann eine flächendeckende Dauergenehmigung nach § 29 Absatz 3 StVO für alle Straßen im Zuständigkeitsbereich der Erlaubnisbehörde und der benachbarten Erlaubnisbehörden erteilt werden (VwV-StVO zu § 29 Absatz 3).
Eine flächendeckende Dauererlaubnis kann für alle Straßen im Zuständigkeitsbereich der Erlaubnisbehörde und der benachbarten Erlaubnisbehörden erteilt werden. Für Straßenverkehrsbehörden mit kleinen räumlichen Zuständigkeitsbereichen und für bestimmte qualifizierte Straßen (Teilnetze) können die obersten Landesbehörden Sonderregelungen treffen.
VwV-StVO zu § 29 Absatz 3
Flächendeckende Dauererlaubnisse sind bei selbstfahrenden Arbeitsmaschinen bis 60 t Gesamtgewicht möglich (VwV-StVO zu § 29 Absatz 3).
Straßenverkehrsrechtlich fallen Stapler unter selbstfahrende Arbeitsmaschinen.
Für selbstfahrende Arbeitsmaschinen über 60 t Gesamtgewicht können keine zustimmenden Stellungnahmen abgegeben werden (VwV-StVO zu § 29 Absatz 3).
Zur Überschaubarkeit und Handhabbarkeit der statischen Auflagen und damit Gewährleistung der Standsicherheit und Dauerhaftigkeit der Brückenbauwerke kann für Anträge auf teilnetzbezogene oder flächendeckende Dauererlaubnisse für Kranfahrzeuge, selbstfahrende Arbeitsmaschinen und Eichfahrzeuge über 60 t Gesamtgewicht, für andere Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen über 68 t Gesamtgewicht und für Fahrzeuge jeglicher Art mit Einzelachslasten über 12 t keine zustimmende Stellungnahme abgegeben werden.
VwV-StVO zu § 29 Absatz 3
Gabelstapler weisen in der Regel ein Gesamtgewicht von unter 60 t sowie Einzelachslasten von jeweils weniger als 12 t auf.
Demnach spielen das Gewicht und die Einzelachslasten bei der Genehmigung von flächendeckenden Dauererlaubnissen für Gabelstapler keine Rolle.
Streckenbezogene Dauergenehmigung für einen Gabelstapler
Gabelstaplern kann eine streckenbezogene Dauergenehmigung nach § 29 Absatz 3 StVO für Fahrten zwischen bestimmten Orten erteilt werden (VwV-StVO zu § 29 Absatz 3).
Die streckenbezogene Dauererlaubnis ist auf Fahrten zwischen bestimmten Orten zu beschränken.
VwV-StVO zu § 29 Absatz 3
Bis zu einer Gesamtmasse von 68 t und einer Achslast von 12 t können bei streckenbezogenen Dauergenehmigungen in einem Bescheid bis zu fünf Fahrtwege enthalten sein.
Gabelstapler weisen in der Regel ein Gesamtgewicht von unter 68 t sowie eine Achslast von weniger als 12 t auf.
Wird weder eine tatsächliche Gesamtmasse von 68 t noch eine Achslast von 12 t überschritten, können in einem Bescheid bis zu fünf Fahrtwege festgelegt werden. Die Fahrauflagen sind dann im Erlaubnisbescheid getrennt nach Fahrtweg chronologisch zu gliedern. Bei höherer Gesamtmasse oder Achslast kann nur ein Fahrtweg genehmigt werden.
VwV-StVO zu § 29 Absatz 3
Daher sollten bei Gabelstaplern auf öffentlichen Straßen in streckenbezogenen Dauergenehmigungen regelmäßig fünf Fahrtwege je Bescheid möglich sein.
Streckenbezogene Kurzzeiterlaubnis für einen Gabelstapler
Die Kurzzeiterlaubnis umfasst mehrere Fahrten (VwV-StVO zu § 29 Absatz 3).
Die Anzahl der Fahrten ist bei Kurzzeiterlaubnissen im Antrag anzugeben (VwV-StVO zu § 29 Absatz 3).
Kurzzeiterlaubnisse beinhalten einen Fahrtweg, der aus maximal drei Fahrtwegteilen besteht und auf höchstens drei Monate befristet ist (VwV-StVO zu § 29 Absatz 3).
Eine Kurzzeiterlaubnis kann im Rahmen der zeitlichen Gültigkeit einmal um drei Monate verlängert werden (VwV-StVO zu § 29 Absatz 3).
Fazit
Gabelstapler sind nach der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) zulassungsfrei, dürfen aber auf öffentlichen Straßen nur betrieben werden, wenn sie einem genehmigten Typ entsprechen oder eine Einzelgenehmigung vorliegt.
Für das Befahren öffentlicher Straßen mit einem Gabelstapler, der nicht alle technischen Vorgaben der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) erfüllt, ist eine fahrzeugtechnische Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO erforderlich.
Eine fahrzeugtechnische Ausnahmegenehmigung nach § 70 StVZO wird durch die zuständige Verwaltungsbehörde erteilt.
Zusätzlich ist in solchen Fällen eine straßenverkehrsrechtliche Erlaubnis nach § 29 Absatz 3 StVO notwendig, um mit dem Gabelstapler öffentliche Straßen zu befahren. Hierfür können sowohl flächendeckende Dauererlaubnisse, als auch streckenbezogene Dauererlaubnisse sowie streckenbezogene Kurzzeiterlaubnisse erteilt werden.
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