Geltungsbereich der StVO: Öffentlicher Verkehrsraum und nicht öffentlicher Verkehrsraum erklärt
Die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) bildet das Regelwerk für den Straßenverkehr in Deutschland und legt fest, wie sich Verkehrsteilnehmer zu verhalten haben. Doch der Geltungsbereich dieser Vorschrift ist nicht uneingeschränkt. Ein wesentlicher Aspekt, den es zu verstehen gilt, ist die Unterscheidung zwischen öffentlichem Verkehrsraum und nicht öffentlichem Verkehrsraum.
Zum öffentlichen Verkehrsraum zählen alle Verkehrsflächen, die – unabhängig von den Eigentumsverhältnisse oder einer verwaltungsrechtlicher Widmung – entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann zur Benutzung zugelassen sind und auch so benutzt werden. Sobald eine Verkehrsfläche faktisch von jedermann befahren oder begangen werden kann, gilt auf diesen Verkehrsflächen die StVO.
Die Unterscheidung zwischen öffentlichem Verkehrsraum und nicht öffentlichem Verkehrsraum ist nicht nur rechtlich von Bedeutung, sondern hat auch praktische Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit und die Rechtsdurchsetzung. Während im öffentlichen Verkehrsraum Verkehrsregeln durchgesetzt und Verstöße geahndet werden können, obliegt die Regelung im nicht öffentlichen Verkehrsraum dem jeweiligen Verfügungsberechtigten.
Dieser Beitrag erläutert die Unterschiede zwischen öffentlichem Verkehrsraum und nicht öffentlichem Verkehrsraum. Dabei wird auf die rechtlichen Grundlagen und die Rechtsprechung beider Kategorien eingegangen – darunter:
- Was ist der Unterschied zwischen einer Widmung durch Rechtsakt und einer faktischen Widmung ohne Rechtsakt?
- Was ist eine unvordenkliche Verjährung?
- Inwiefern gehören Parkplätze an Restaurants zum öffentlichen Verkehrsraum?
- Welche Verkehrsregeln gelten im tatsächlich öffentlichen Verkehrsraum?
- Wann zählen Parkplätze zum nicht öffentlichen Verkehrsraum?
- Und vieles mehr …
Los geht’s!
Öffentlicher Verkehrsraum
Die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) regelt und lenkt den öffentlichen Verkehr (VwV-StVO zu § 1).
Widmung
Zum öffentlichen Verkehrsraum zählen alle Flächen, die der Allgemeinheit wegerechtlich zu Verkehrszwecken offenstehen.
Flächen stehen der Allgemeinheit wegerechtlich zur Verfügung, wenn sie gewidmet sind.
Man spricht auch von öffentlich-rechtlichen Verkehrsflächen.
Was ist mit Widmung genau gemeint?
Widmung durch Rechtsakt
Eine für den Verkehr gewidmete Verkehrsfläche kann einerseits nach den Straßengesetzen des Bundes oder den Straßengesetzen der Länder dem Gemeingebrauch zur Verfügung gestellt werden.
Gewidmete Verkehrsflächen können beispielsweise Straßen, Wege oder Plätze sein.
Die Widmung erfolgt in der Regel durch einen Rechtsakt der Straßenbaubehörde – dem sogenannten Verwaltungsakt.
Faktische Widmung ohne Rechtsakt
Andererseits können ältere Wege, die bereits bei Inkrafttreten des entsprechenden Straßengesetzes des Bundes oder des Straßengesetzes des betreffenden Landes bestanden, faktisch dem öffentlichen Verkehr gewidmet sein.
Da sie faktisch dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind, sind sie demzufolge dem Gemeingebrauch zur Verfügung gestellt.
Ob ein älterer Weg, der bereits bei Inkrafttreten des entsprechenden Straßengesetzes des Bundes oder des Straßengesetzes des betreffenden Landes bestand, faktisch öffentlich-rechtlich gewidmet ist, muss anhand einer Einzelfallprüfung bestimmt werden.
Das OVG Nordrhein-Westfalen vertritt die Rechtsauffassung, dass für die unregelmäßige Entstehung eines öffentlichen Weges durch jahrelangen ungestörten Gebrauch folgende Kriterien erfüllt sein müssen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.04.2009 – 11 A 3657/06):
- Der Weg musste für den öffentlichen Verkehr notwendig sein.
- Der Weg muss von dem Publikum ununterbrochen während längerer Zeit benutzt worden sein.
- Der Gebrauch muss durch das Publikum ohne Störung durch den Grundeigentümer erfolgt sein.
- Das Publikum muss bei dem Gebrauch des Weges die Überzeugung haben, dass ihm ein Recht auf den ungehinderten Verkehr zusteht.
- Der Gebrauch muss ein allgemeiner gewesen sein.
- Das Recht des Publikums auf den Gebrauch des Weges muss von der öffentlichen Autorität anerkannt gewesen sein.
Für die Annahme einer Notwendigkeit genügt es nicht, dass ein Weg nur zur Annehmlichkeit und Bequemlichkeit des Publikums, zur Abkürzung einer anderen Wegeverbindung dient (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.04.2009 – 11 A 3657/06).
Unvordenkliche Verjährung
Eine unvordenkliche Verjährung liegt vor, wenn “der als Recht beanspruchte Zustand in einem Zeitraum von 40 Jahren als Recht besessen [wurde] und […] weitere 40 Jahre vorher keine Erinnerungen an einen anderen Zustand seit Menschengedenken bestanden (BGH, Urteil vom 04.02.1955 – V ZR 112/52).
Die Öffentlichkeit eines alten Weges, dessen Entstehung und ursprüngliche rechtliche Verhältnisse im Dunkeln liegen, kann dann angenommen werden, wenn er seit Menschengedenken oder doch seit langer Zeit unter stillschweigender Duldung des nicht wegebaupflichtigen oder wegeunterhaltungspflichtigen Privateigentümers in der Überzeugung der Rechtmäßigkeit als öffentlicher Weg benutzt worden ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.04.2009 – 11 A 3657/06).
Eine unvordenkliche Verjährung setzt allerdings voraus, dass der Entstehungszeitpunkt des betreffenden “alten Weges” ungeklärt ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.04.2009 – 11 A 3657/06).
Kann der Entstehungszeitpunkt eines “alten Weges” festgestellt werden, so muss sein rechtlicher Status nach dem seinerzeit geltenden Recht beurteilt werden (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.04.2009 – 11 A 3657/06).
Für eine unvordenkliche Verjährung ist ausgehend vom Inkrafttreten des Straßengesetzes des betreffenden Landes eine notwendige Dauer der Benutzung von rückwirkend 40 Jahren zugrunde zu legen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.04.2009 – 11 A 3657/06).
Eine Benutzung des “alten Weges” muss für die Dauer von 40 Jahren ausgehend vom Inkrafttreten des Straßengesetzes des betreffenden Landes rückwirkend nachwiesen werden (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.04.2009 – 11 A 3657/06).
Für die diesem Zeitraum vorangegangenen 40 Jahre darf keine gegenteilige Erinnerung an einen anderen Rechtszustand bestehen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.04.2009 – 11 A 3657/06).
Das bedeutet, dass eine Benutzung von 40 Jahren und ein unveränderter Rechtszustand von diesem Zeitraum vorangegangenen 40 Jahre nachzuweisen ist.
Zusammenfassend muss der Entstehungszeitpunkt des betreffenden “alten Weges” ungeklärt und der Rechtszustand des betreffenden Weges 80 Jahre unverändert sein, damit eine unvordenkliche Verjährung vorliegt.
Wird eine unvordenkliche Verjährung festgestellt, gilt die entsprechende Fläche als öffentlicher Verkehrsraum.
Zustimmung oder Duldung
Öffentlicher Verkehr findet auch auf nicht gewidmeten Straßen statt, wenn diese mit Zustimmung oder unter Duldung des Verfügungsberechtigten tatsächlich allgemein benutzt werden (VwV-StVO zu § 1).
Frühere Rechtsprechung definierte öffentlichen Verkehrsraum wie folgt:
Ein Weg ist – ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse oder eine verwaltungsrechtliche Widmung im Sinne des öffentlichen Wegerechts – öffentlich im Sinne des Verkehrsrechts, wenn er entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann zur Benutzung zugelassen ist und auch so benutzt wird (OLG Köln, Beschluss vom 06.06.2000 – Ss 227/00 – 132; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.08.1999 – 5 A 1321/97; BayObLG, Beschluss vom 22.11.1979 – 1 Ob OWi 409/79, NJW 1980, 715; BGH, Urteil vom 05.01.1962 – VI ZR 155/61; BGH, Urteil vom 09.03.1961 – 4 StR 6/61, NJW 1961, 1124; BGH, Urteil vom 02.04.1957 – VI ZR 44/56).
Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Verkehrsraum dann öffentlich, wenn er – ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse oder auf eine verwaltungsrechtliche Widmung – entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und auch so benutzt wird (BGH, Urteil vom 04.03.2004 – 4 StR 377/03, Randnummer 14).
Eine Verkehrsfläche wird auch dann dem öffentlichen Verkehrsraum zugerechnet, die für die Zufahrt zu dieser Verkehrsfläche mit Fahrzeugen eine Parkerlaubnis erforderlich ist oder für die Nutzung der Verkehrsfläche ein Entgelt verlangt wird (BGH, Urteil vom 04.03.2004 – 4 StR 377/03, Randnummer 14).
Mit anderen Worten: Alle Verkehrsflächen, die für eine unbestimmte Zahl von Verkehrsteilnehmern ungehindert zugänglich sind, werden als tatsächlich öffentlicher Verkehrsraum bezeichnet.
Dabei spielen die Eigentumsverhältnisse keine Rolle.
Das bedeutet, dass zum öffentlichen Verkehrsraum ebenfalls Straßen zählen, die nicht gewidmet sind, aber deren Nutzung durch den Verfügungsberechtigten zugestimmt wurde oder geduldet wird.
Hierzu gehören unter anderem
- Ladestraßen von Güterbahnhöfen,
- werkseigene Zufahrten zu Steinbrüchen,
- öffentlich zugängliche Gelände von Reitvereinen,
- öffentlich zugängliche Großmarkthallen,
- öffentlich zugängliche Parkplätze von Diskotheken,
- öffentlich zugängliche Parkplätze an Restaurants,
- öffentlich zugängliche Parkplätze an Geschäften,
- öffentlich zugängliche Parkhäuser,
- öffentlich zugängliche Tiefgaragen,
- öffentlich zugängliche Tankstellen,
- öffentlich zugängliche Kaufhaus-Betriebshöfe,
- öffentlich zugängliche Parkplätze an öffentlichen Einrichtungen,
- öffentlich zugängliche Fabrikgelände,
- öffentliche Einrichtungen,
- nicht beschränkte Privatstraßen,
- nicht beschränkte Privatwege und
- Notwege.
Weitere Informationen zu den oben genannten Verkehrsflächen und warum diese dem öffentlichen Verkehrsraum zugeschrieben werden, erhältst du in den folgenden Unterkapiteln.
Ob eine Fläche dem nicht öffentlichen Verkehrsraum zuzurechnen ist, hängt davon ab, ob zweifelsfrei ein Beschränkungswille und eine Beschränkungsvorkehrung erkennbar sind.
Erst wenn zweifelsfrei ein Beschränkungswille und eine Beschränkungsvorkehrung erkennbar ist, zählt eine Verkehrsfläche zum nicht öffentlichen Verkehrsraum.
Ist nicht zweifelsfrei ein Beschränkungswille und eine Beschränkungsvorkehrung erkennbar, sind die betreffenden Flächen dem öffentlichen Verkehrsraum zuzuordnen.
In die Prüfung, ob eine Duldung der Benutzung einer Verkehrsfläche für eine unbestimmte Anzahl an Personen vorliegt, ist sowohl der innere Willen des
Verfügungsberechtigten, als auch die für etwaige Benutzer erkennbaren äußeren Gegebenheiten zu berücksichtigen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.11.1987 – 2 Ss 413/87 – 260/87 II, NJW 1988, 922).
Beispiele
Ladestraßen von Güterbahnhöfen
Zum öffentlichen Verkehrsraum zählt nach Ansicht des OLG Schleswig auch die Ladestraße eines Güterbahnhofs der Deutschen Bundesbahn (OLG Schleswig, Urteil vom 10.04.1958 – 1 U 155/57, VM 1958, 15).
Werkseigene Zufahrten zu Steinbrüchen
Eine werkseigene Zufahrt zu einem Steinbruch erachtete das OLG Braunschweig als öffentlichen Verkehrsraum, da die Führer der Lastkraftwagen keine besondere persönliche Beziehung zum Verfügungsberechtigten – hier Steinbruchbesitzer – unterhalten (OLG Braunschweig, Urteil vom 21.06.1963, VRS 26, 220).
Des Weiteren befand das OLG Braunschweig, dass der Steinbruchbesitzer aufgrund der Länge und des Kurvenreichtums der Straße nicht in der Lage wäre, die Straße zu überwachen und Unbefugte vom Befahren der Straße auszuschließen (OLG Braunschweig, Urteil vom 21.06.1963, VRS 26, 220).
Öffentlich zugängliche Gelände von Reitvereinen
Allgemein begehbare Wege und Flächen des Geländes eines Reitvereins, welche während eines Turniers jedermann zugänglich sind gelten als öffentlicher Verkehrsraum (OLG Celle, Beschluss vom 23.02.1996 – 2 Ws 239/95, VRS 92, 109).
Reiter nehmen auf den allgemein begehbaren Wegen und Flächen des Geländes eines Reitvereins während eines Turniers am Straßenverkehr teil (OLG Celle, Beschluss vom 23.02.1996 – 2 Ws 239/95, VRS 92, 109).
Öffentlich zugängliche Großmarkthallen
Laut Urteil des BayObLG gilt das Areal einer Großmarkthalle als öffentlicher Verkehrsraum, sofern es Käufern ohne Begrenzung offen steht die Großmarkthalle zu betreten bzw. zu befahren (BayObLG, Urteil vom 30.10.1981 – RReg. 1 St 183/81, VRS 62, 133).
Für Käufern besteht keine Begrenzung die Großmarkthalle zu betreten bzw. zu befahren, sofern das Betreten bzw. Befahren der betreffenden Großmarkthalle nicht auf einen bestimmbaren Personenkreis beschränkt ist (BayObLG, Urteil vom 30.10.1981 – RReg. 1 St 183/81, VRS 62, 133).
Eine Begrenzung auf einen bestimmbaren Personenkreis kann beispielsweise durch Kontrollen erfolgen (BayObLG, Urteil vom 30.10.1981 – RReg. 1 St 183/81, VRS 62, 133).
Öffentlich zugängliche Parkplätze von Diskotheken
Bei einem Parkplatz einer Diskothek handelt es sich laut Entscheidung des AG Verden um öffentlichen Verkehrsraum (AG Verden, Beschluss vom 04.12.2013 – 9a Gs 924 Js 43392/13 (3757/13), 9a Gs 3757/13).
Öffentlich zugängliche Parkplätze an Restaurants
Ein Platz, den ein Gastwirt seinen Gästen ohne Einschränkungen auf einzelne bestimmte Gäste unter ihnen zu Parkzwecken bereitstellt, gilt als öffentlicher Platz im Sinne des Verkehrsrechts (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.09.1991 – 5 Ss 343/91 – 114/91 I, NZV 1992, 120; BGH, Urteil vom 09.03.1961 – 4 StR 6/61, NJW 1961, 1124).
Dabei spielt es keine Rolle, ob durch ein Schild darauf hingewiesen wird, dass nur Gäste in benutzen dürfen (BGH, Urteil vom 09.03.1961 – 4 StR 6/61, NJW 1961, 1124).
Im Fall des BGH war der Platz mit einem Schild mit der Aufschrift “Parken für Gäste” versehen (BGH, Urteil vom 09.03.1961 – 4 StR 6/61, NJW 1961, 1124).
Ein Parkplatz eines Restaurants wird demnach auch dann dem öffentlichen Verkehrsraum zugeschrieben, wenn durch ein Schild darauf hingewiesen wird, dass nur Gäste in benutzen dürfen (BGH, Urteil vom 09.03.1961 – 4 StR 6/61, NJW 1961, 1124).
Die Öffnungszeit der Gaststätte hat grundsätzlich keinen Einfluss darauf, ob deren Parkplatz für jedermann zu Verkehrszwecken genutzt werden kann (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.09.1991 – 5 Ss 343/91 – 114/91 I, NZV 1992, 120).
Nur wenn der Gastwirt für die Zeit der Betriebsruhe keinen öffentlichen Verkehr auf dem Parkplatz duldet und dies für jedermann unmissverständlich erkennbar macht, ist der Parkplatz des Restaurants dem nicht öffentlichen Verkehrsraum zuzuschreiben (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.09.1991 – 5 Ss 343/91 – 114/91 I, NZV 1992, 120).
Öffentlich zugängliche Parkplätze an Geschäften
Schranken an öffentlich zugänglichen Parkplätzen an Geschäften, die von jedem geöffnet werden können, zeugen zunächst nicht von einem Beschränkungswillen, einer Beschränkungsvorkehrung oder einer Kontrolle.
Ohne Beschränkungswillen, einer Beschränkungsvorkehrung und einer Kontrolle zählen öffentlich zugängliche Parkplätze an Geschäften zum öffentlichen Verkehrsraum.
Zumindest für die Dauer ihrer normalen Benutzungszeit sind öffentlich zugängliche Parkplätze dem öffentlichen Verkehrsraum zuzurechnen (BayObLG, Beschluss vom 22.11.1979 – 1 Ob OWi 409/79, NJW 1980, 715).
Kaufhausparkplätze, die jedermann tatsächlich zugänglich sind, sind dem öffentlichen Verkehrsraum zuzurechnen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.05.1981 – 2 Ss OWi 121/81 – 233/81 I, VRS 61, 455).
Das OVG Nordrhein-Westfalen entschied, dass ein Hinterhofgelände mit Parkplätzen dem öffentlichen Verkehrsraum zuzurechnen ist, sofern dieses entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für einen nicht näher bestimmten Personenkreis zur Benutzung zugelassen ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.08.1999 – 5 A 1321/97).
Dagegen reicht eine Tafel mit der Aufschrift “Privatparkplatz – Widerrechtlich parkende Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt” laut Urteil des OLG Hamm nicht aus, um die betreffenden Parkplätze dem öffentlichen Verkehrsraum oder nicht öffentlichen Verkehrsraum zweifelsfrei zuzuordnen (OLG Hamm, Urteil vom 30.09.1976 – 2 Ss OWi 952/76, VRS 52, 369).
Für die Beurteilung, ob es sich bei einem Parkplatz mit einer Tafel mit der Aufschrift “Privatparkplatz – Widerrechtlich parkende Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt” um einen Parkplatz im öffentlichen Verkehrsraum oder einen Parkplatz im nicht öffentlichen Verkehrsraum handelt, müssen die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten miteinbezogen werden (OLG Hamm, Urteil vom 30.09.1976 – 2 Ss OWi 952/76, VRS 52, 369).
Öffentlich zugängliche Parkhäuser
Das OLG Stuttgart kam in seinem Urteil zum Ergebnis, dass bei öffentlich zugänglichen Parkhäusern die Einfahrt in Höhe der Kasse dem öffentlichen Verkehrsraum zuzurechnen ist (OLG Stuttgart, Urteil vom 22.12.1965 – 1 Ss 712/65, DAR 66, 163).
Im Fall des OLG Stuttgart glich die Einfahrt in Höhe der Kasse mit seinen zwei Fahrspuren für den Verkehr in beiden Richtungen der Einfahrt in einen unbefriedeten Parkplatz zu ebener Erde (OLG Stuttgart, Urteil vom 22.12.1965 – 1 Ss 712/65, DAR 66, 163).
Auch die OLGs Düsseldorf und Bremen gingen davon aus, dass die Verkehrsflächen und Abstellflächen eines Parkhauses öffentliche Wege bzw. öffentliche Plätze im Sinne des Straßenverkehrsrechts sind, wenn sie der Allgemeinheit offen stehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.11.1969 – 1 S 492/69; OLG Bremen, Urteil vom 01.02.1967 – Ss 129/66, NJW 1967, 990).
Parkhäuser sind außerhalb der normalen Betriebszeit in der Regel nicht als öffentlicher Verkehrsraum anzusehen (OLG Stuttgart, Urteil vom 27.04.1979 – 3 Ss (8) 184/79, NJW 1980, 68).
Auch, wenn außerhalb der normalen Betriebszeit ein gewisser Restverkehr stattfindet, dieser jedoch durch einen Nachtwächter individuell betreut wird, gelten die Verkehrsflächen im betreffenden Parkhaus als nicht öffentlicher Verkehrsraum (OLG Stuttgart, Urteil vom 27.04.1979 – 3 Ss (8) 184/79, NJW 1980, 68).
Öffentlich zugängliche Tankstellen
Das Gelände einer Tankstelle gehört zumindest im Raum vor der Zapfstelle sowie im Raum der zugehörigen Einfahrten und Ausfahrten zum öffentlichen Verkehrsraum (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.08.1988 – 5 Ss (OWi) 261/88 – 227/88 I, NZV 1988, 231; OLG Hamm, Urteil vom 13.10.1966 – 2 Ss 68/66, NJW 1967, 119; BayObLG, Urteil vom 24.10.1962 – RevReg. 1 St 543/62, VRS 24, 69).
Nach Urteil des OLG Oldenburg gehören der vom Kunden zu befahrende Zufahrtsbereich, der Ausfahrtsbereich und die eigentliche Waschanlage einer automatischen Waschanlage auf dem Gelände einer Tankstelle, welche für jedermann gegen Entgelt zugänglich sind, zum öffentlichen Verkehrsraum (OLG Oldenburg, Urteil vom 04.06.2018 – 1 Ss 83/18).
Darüber hinaus ist unstrittig, dass öffentlich zugängliche Tankstellen in Zeitspannen deren Betriebs zum öffentlichen Verkehrsraum zählen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.08.1988 – 5 Ss (OWi) 261/88 – 227/88 I, NZV 1988, 231; BayObLG, Beschluss vom 22.11.1979 – 1 Ob OWi 409/79, NJW 1980, 715).
Auch während der nächtlichen Betriebsruhe ist ein Tankstellengrundstück zunächst dem öffentlichen Verkehrsraum zuzurechnen (KG, Urteil vom 10.07.1980 – Ss 133/80, VRS 60, 130).
Tankstellen können jedoch für Flächenbereiche bzw. Zeitspannen ohne erkennbaren Betrieb, dem nicht öffentlichen Verkehrsraum hinzugerechnet werden (BayObLG, Beschluss vom 22.11.1979 – 1 Ob OWi 409/79, NJW 1980, 715).
Hierzu muss der Inhaber einer Tankstelle jedoch in eindeutiger Weise bekunden, dass er zu Zeiten der Betriebsruhe keinen öffentlichen Verkehr auf einem eindeutig bestimmten Teil der Tankstelle dulden will (OLG Hamburg, Urteil vom 11.03.1969 – Ss 2/69, VM 1970, 24; OLG Hamm, Urteil vom 13.10.1966 – 2 Ss 68/66, NJW 1967, 119).
In dem vom Inhaber der Tankstelle eindeutig bekundeten Bereich zu einem eindeutig bestimmten Zeitraum, auf dem bzw. in dem er keinen öffentlichen Verkehr duldet, ist der eindeutig bestimmte Teile der Tankstelle nicht öffentlicher Verkehrsraum (OLG Hamburg, Urteil vom 11.03.1969 – Ss 2/69, VM 1970, 24; OLG Hamm, Urteil vom 13.10.1966 – 2 Ss 68/66, NJW 1967, 119).
Öffentlich zugängliche Kaufhaus-Betriebshöfe
Die Fahrbahn des Betriebshofes eines Kaufhauses zählt zum öffentlichen Verkehrsraum (KG, Urteil vom 25.03.1982 – 22 U 3618/81, VM 1983, 14).
Öffentlich zugängliche Fabrikgelände
Wege auf einem Fabrikgelände, die für jedermann offen sind und nicht auf einen abgegrenzten, durch persönliche Beziehungen untereinander zusammenhängenden Personenkreis beschränkt sind, werden als öffentlicher Verkehrsraum eingestuft (OLG Braunschweig, Urteil vom 22.12.1954 – Ss 265/54, VRS 8, 144).
Öffentliche Einrichtungen
Beschränkungsvorkehrungen, wie Zugangskontrollen, beseitigen die Öffentlichkeit nicht, wenn jeder in der Lage ist, die einschränkende Bedingung zu erfüllen.
Ein für jedermann zugängliches Gelände eines Universitätsklinikums ist öffentlicher Verkehrsraum (VGH Hessen, Urteil vom 07.03.1989 – 2 UE 1974/85; KG, Urteil vom 30.09.1982 – 12 U 1327/82, VM 1983, 53).
Bei einem Klinikgelände kann beispielsweise das Gelände von Besuchern von Patienten mit dem Personenkraftwagen trotz Zugangskontrollen benutzt werden.
Damit kann ein unbestimmter Personenkreis das Klinikgelände benutzen.
Folglich gilt in Ermangelung eines Beschränkungswillens, einer Beschränkungsvorkehrung und einer Kontrolle das Klinikgelände als öffentlicher Verkehrsraum.
Nicht beschränkte Privatstraßen und nicht beschränkte Privatwege
Grundsätzlich zählen auch Privatstraßen und Privatwege zum öffentlichen Verkehrsraum, solange kein Beschränkungswille erkennbar ist, keine entsprechende Beschränkungsvorkehrung getroffen wurde und keine Kontrollen durchgeführt werden.
Werden durch Privatstraßen oder Privatwege Grundstücke erschlossen, ist der Zugang zu gemeindeeigenen Gehwegen nur über eine Privatstraße oder einen Privatweg möglich oder wird eine Privatstraße oder ein Privatweg von Besucherverkehr sowie Lieferantenverkehr genutzt, sollten sich Beschränkungsvorkehrungen in der Regel als wenig praktikabel darstellen.
Laut Urteil des BayObLG handelt es sich bei einer gemeinsamen Zufahrt zu mehreren Wohnhäusern ohne Rücksicht auf die näheren örtlichen Verhältnisse um öffentlichen Verkehrsraum, wenn keine beschränkenden Einrichtungen oder Sperrzeichen angebracht sind (BayObLG, Urteil vom 22.02.1983 – 1 ObOWi 399/82, NVwZ 1983, 438).
Notwege
Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden (§ 917 Absatz 1 BGB).
Die Richtung des Notweges und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt (§ 917 Absatz 1 BGB).
Befugnisse der Straßenverkehrsbehörde im tatsächlich öffentlichen Verkehrsraum
Der öffentliche Verkehr wird durch die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) geregelt und gelenkt (VwV-StVO zu § 1).
Wie bereits oben beschrieben, findet öffentlicher Verkehr auch auf nicht gewidmeten Straßen statt, wenn diese mit Zustimmung oder unter Duldung des Verfügungsberechtigten tatsächlich allgemein benutzt werden (VwV-StVO zu § 1).
Zuständig zur Ausführung dieser Verordnung sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Straßenverkehrsbehörden (§ 44 Absatz 1 StVO).
Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten (§ 45 Absatz 1 StVO).
Die Straßenverkehrsbehörden bestimmen, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt (§ 45 Absatz 3 StVO).
Das bedeutet, dass Straßenverkehrsbehörden auch im tatsächlich öffentlichen Verkehrsraum für die Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen zuständig sind.
Verkehrsregeln im tatsächlich öffentlichen Verkehrsraum
Im öffentlichen Verkehrsraum gelten die Vorgaben der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO).
Im Folgenden wird anhand einiger Beispiele erläutert, welche Verkehrsregeln im tatsächlich öffentlichen Verkehrsraum kraft Verordnung gelten.
Grundregeln
Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird (§ 1 Absatz 2 StVO).
Im tatsächlich öffentlichen Verkehrsraum haben sich Verkehrsteilnehmer also so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.
Nach dem KG erfordert das Befahren eines Privatgeländes mit einer Vielzahl von Parkplätzen besondere Vorsicht sowie Langsamfahren mit ständiger Bremsbereitschaft (KG, Urteil vom 04.02.2002 – 12 U 111/01).
Das liegt daran, dass stets damit zu rechnen ist, dass Fahrzeuge in Parkplätzen einfahren und ausfahren und die Sicht durch parkende Fahrzeuge behindert ist (KG, Urteil vom 04.02.2002 – 12 U 111/01).
Ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht gilt auch auf Kundenparkplätzen von Einkaufszentren (OLG Köln, Urteil vom 03.12.1998 – 1 U 73/98; OLG Stuttgart, Urteil vom 19.01.1990 – 2 U 23/89, NJW-RR 1990, 670).
Straßenbenutzung durch Fahrzeuge
Es ist möglichst weit rechts zu fahren, nicht nur bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven oder bei Unübersichtlichkeit (§ 2 Absatz 2 StVO).
Demnach muss auch im tatsächlich öffentlichen Verkehrsraum möglichst weit rechts gefahren werden.
Geschwindigkeit
Innerhalb geschlossener Ortschaften gilt für alle Kraftfahrzeuge eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h (§ 3 Absatz 3 Nummer 1 StVO).
Im innerörtlichen tatsächlich öffentlichen Verkehrsraum gilt demnach eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h.
Gleichzeitig dürfen Fahrzeugführer nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird (§ 3 Absatz 1 StVO).
Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßenverhältnissen, den Verkehrsverhältnissen, den Sichtverhältnissen und den Wetterverhältnissen sowie an die persönlichen Fähigkeiten und die Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen (§ 3 Absatz 1 StVO).
Eine innerörtliche zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h bedeutet folglich nicht, dass im innerörtlichen tatsächlich öffentlichen Verkehrsraum auch 50 km/h gefahren werden darf.
Die Geschwindigkeit ist im innerörtlichen tatsächlich öffentlichen Verkehrsraum den besonderen örtlichen Umständen, persönlichen Fähigkeiten und fahrzeugspezifischen Eigenschaften anzupassen und kann im Einzelfall weniger als 50 km/h betragen.
Außerorts darf mit Personenkraftwagen sowie mit anderen Kraftfahrzeugen mit einer zulässigen Gesamtmasse bis 3,5 t auch unter günstigsten Umständen höchstens 100 km/h schnell gefahren werden (§ 3 Absatz 3 Nummer 1 StVO).
Auch außerhalb geschlossener Ortschaften gilt, dass die Geschwindigkeit insbesondere den Straßenverhältnissen, den Verkehrsverhältnissen, den Sichtverhältnissen und den Wetterverhältnissen sowie an die persönlichen Fähigkeiten und die Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen ist (§ 3 Absatz 1 StVO).
Im außerörtlichen tatsächlich öffentlichen Verkehrsraum ist demnach die Geschwindigkeit den besonderen örtlichen Umständen, persönlichen Fähigkeiten und fahrzeugspezifischen Eigenschaften anzupassen.
Dies kann im Einzelfall bedeuten, dass Personenkraftwagen sowie andere Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis 3,5 t im außerörtlichen tatsächlich öffentlichen Verkehrsraum weniger als 100 km/h fahren dürfen, da sie die Geschwindigkeit den besonderen örtlichen Umständen, persönlichen Fähigkeiten und fahrzeugspezifischen Eigenschaften anpassen müssen.
Verkehrshindernisse
Es ist verboten, die Straße zu beschmutzen oder zu benetzen oder Gegenstände auf Straßen zu bringen oder dort liegenzulassen, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann (§ 32 Absatz 1 StVO).
Tatsächlich öffentliche Verkehrsräume dürfen somit auch nicht beschmutzt oder benetzt werden, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann.
Des Weiteren dürfen im tatsächlich öffentlichen Verkehrsraum keine Gegenstände gebracht werden oder dort liegen gelassen werden, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann.
Nicht öffentlicher Verkehrsraum
Dagegen ist der Verkehr auf öffentlichen Straßen nicht öffentlich, solange diese, zum Beispiel wegen Bauarbeiten, durch Absperrschranken oder ähnlich wirksame Mittel für alle Verkehrsarten gesperrt sind (VwV-StVO zu § 1).
Verkehrsflächen, die für den allgemeinen Verkehr gesperrt sind oder schon nach ihrer Beschaffenheit offensichtlich nicht zur Verkehrsbenutzung bestimmt sind, zählen zum nicht öffentlichen Verkehrsraum.
Die Öffentlichkeit einer Verkehrsfläche ist zu verneinen, wenn der Verfügungsberechtigte den Zutritt zur betreffenden Verkehrsfläche ausdrücklich oder erkennbar ausschließlich bestimmten Personen gestatten will, die entweder bereits vorher in engeren persönlichen Beziehungen zum Verfügungsberechtigten stehen oder gerade anlässlich dieses Gebrauchs in solche Beziehung zum Verfügungsberechtigten treten (BayObLG, Beschluss vom 22.11.1979 – 1 Ob OWi 409/79, NJW 1980, 715; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.08.1999 – 5 A 1321/97).
Hierzu gehören unter anderem
- Baustellengelände,
- Kasernengelände,
- Autofähren während des Übersetzens,
- Garagenvorplätze von Wohnhäusern,
- beschränkte Parkplätze an Restaurants,
- beschränkte Parkplätze für Behördenmitarbeiter,
- beschränkte Parkplätze für Firmenmitarbeiter,
- abgeschlossene Fabrikgelände,
- Mittelstreifen zwischen in entgegengesetzten Richtungen verlaufenden Fahrbahnen,
- Hofgrundstücke,
- Betriebsgelände,
- beschränkte Privatstraßen und
- beschränkte Privatwege.
Warum die oben genannten Verkehrsflächen dem nicht öffentlichen Verkehrsraum zugeordnet werden, erfährst du in den folgenden Unterkapiteln.
Eine Verkehrsfläche wird als nicht öffentlicher Verkehrsraum eingestuft, wenn der Beschränkungswille und Beschränkungsvorkehrungen zweifelsfrei erkennbar sind.
Beispiele
Baustellengelände
Baustellengelände sind dem nicht öffentlichen Verkehrsraum zuzurechnen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 23.05.2012 – 1 U 8/12).
Kasernengelände
Das Gelände einer Kaserne zählt nach Urteil des OLG Karlsruhe zum nicht öffentlichen Verkehrsraum (OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.10.1980 – 3 Ss 270/80, VRS 60, 439).
Autofähren während des Übersetzens
Das Wagendeck eines Fährschiffes ist während des Übersetzens kein öffentlicher Verkehrsraum (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.10.1992 – 3 Ws 97/92, NZV 1993, 77).
Garagenvorplätze von Wohnhäusern
Das OLG Köln vertritt die Ansicht, dass der Garagenvorplatz eines Wohnhauses nicht zum öffentlichen Verkehrsraum gehört (OLG Köln, Beschluss vom 06.06.2000 – Ss 227/00 – 132).
Beschränkte Parkplätze an Restaurants
Parkplätze eines Restaurants sind nicht dem öffentlichen Verkehrsraum zuzurechnen, wenn die betreffenden Parkplätze nur Gästen bereitgestellt werden, die zu Übernachtungszwecken einen Beherbergungsvertrag mit dem Restaurant geschlossen haben (BGH, Urteil vom 09.03.1961 – 4 StR 6/61, NJW 1961, 1124).
Diese Personen kennt der Restaurantinhaber infolge des Vertragsabschlusses entweder genau oder kann sie ihrer Persönlichkeit nach ohne Schwierigkeiten feststellen (BGH, Urteil vom 09.03.1961 – 4 StR 6/61, NJW 1961, 1124).
Der Personenkreis ist dann so eng umschrieben, dass nicht mehr davon gesprochen werden kann, dass die Parkflächen von einer unbestimmten Anzahl an Personen genutzt werden könnten (BGH, Urteil vom 09.03.1961 – 4 StR 6/61, NJW 1961, 1124).
Beschränkte Parkplätze für Behördenmitarbeiter
Die Nichtöffentlichkeit eines Verkehrsraums kann angenommen werden, wenn der Leiter einer Behörde seinen Bediensteten bestimmte Parkplätze bereithält (BGH, Urteil vom 09.03.1961 – 4 StR 6/61, NJW 1961, 1124).
Beschränkte Parkplätze für Firmenmitarbeiter
Ebenso kann davon ausgegangen werden, dass es sich um Parkplätze des nicht öffentlichen Verkehrsraums handelt, wenn ein Leiter eines privaten Unternehmens für seine Mitarbeiter spezielle Parkplätze reserviert hat (BGH, Urteil vom 09.03.1961 – 4 StR 6/61, NJW 1961, 1124).
Mittelstreifen zwischen in entgegengesetzten Richtungen verlaufenden Fahrbahnen
Mittelstreifen mit unversenkten Bordsteinen oder mit Bepflanzung wie Bäumen, Sträuchern oder Blumen oder Rasenflächen werden nicht dem öffentlichen Verkehrsraum zugeschrieben (OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.12.1992 – 5 Ss (OWi) 410/92 – (OWi) 163/92 I).
Das liegt daran, dass ein solcher Mittelstreifen offensichtlich der Verkehrsbenutzung entzogen wurde (OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.12.1992 – 5 Ss (OWi) 410/92 – (OWi) 163/92 I).
Ein solcher Mittelstreifen wird auch nicht dadurch zum öffentlichen Verkehrsraum, dass er infolge der Zerstörung des Bewuchses durch wiederholtes Befahren oder Abstellen von Fahrzeugen äußerlich Ähnlichkeit mit einem Seitenstreifen bekommt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.12.1992 – 5 Ss (OWi) 410/92 – (OWi) 163/92 I).
Ein Mittelstreifen wird zum öffentlichen Verkehrsraum, wenn er zum Befahren und insbesondere auch zum Parken bestimmt ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.12.1992 – 5 Ss (OWi) 410/92 – (OWi) 163/92 I).
Hofgrundstücke
Ein Hofgrundstück, welches von Hausbewohnern und Besuchern zum Parken verwendet wird, gilt nicht automatisch als öffentlicher Verkehrsraum. Sofern keine weiteren besonderen örtlichen Umstände hinzutreten, welche die betreffende Fläche eindeutig als öffentlichen Verkehrsraum kennzeichnen, ist davon auszugehen, dass es sich bei einem Hofgrundstück um einen nicht öffentlichen Verkehrsraum handelt (BGH, Urteil vom 12.05.1998 – 4 StR 163/98).
Im Fall des BGH handelte es sich um ein unbefestigtes Hofgrundstück, welches von der öffentlichen Straße nicht einsehbar und nur durch eine schmale langgezogene, tunnelartige Hausdurchfahrt erreichbar war. Ferner parkten auf dem betreffenden Hofgrundstück vier Fahrzeuge (BGH, Urteil vom 12.05.1998 – 4 StR 163/98).
Die oben beschriebenen besonderen örtlichen Gegebenenheiten reichen laut Urteil des BGH nicht aus, dass davon auszugehen ist, dass das Hofgrundstück für jedermann oder zumindest einer allgemein bestimmten größeren Personengruppe zur Verfügung steht (BGH, Urteil vom 12.05.1998 – 4 StR 163/98).
Betriebsgelände
Für die Beurteilung, ob eine auf einem Betriebsgelände gelegene Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehrsraum zuzurechnen ist, kommt den äußeren Gegebenheiten, die einen Rückschluß [sic!] auf das Vorhandensein und den Umfang der Gestattung bzw. Duldung des allgemeinen Verkehrs durch den Verfügungsberechtigten zulassen, maßgebliche [sic!] Bedeutung zu.
BGH, Urteil vom 04.03.2004 – 4 StR 377/03, Randnummer 15
Nach Ansicht des BGH kann sich aus einer entsprechenden Beschilderung als “Privat-/Werksgelände”, einer Einfriedung des Geländes und einer Zugangsbeschränkung in Gestalt einer Einlasskontrolle ergeben, dass der Verfügungsberechtigte die Allgemeinheit von der Benutzung des Geländes ausschließen will (BGH, Urteil vom 04.03.2004 – 4 StR 377/03, Randnummer 15).
Ein Betriebsgelände gehört nicht zum öffentlichen Verkehrsraum, wenn der Zutritt lediglich Werksangehörigen und Personen mit individuell erteilter Erlaubnis möglich ist (BGH, Urteil vom 04.03.2004 – 4 StR 377/03, Randnummer 15).
Werksangehörigen kann beispielsweise mit einem besonderen Ausweis, zugelassene Lieferanten sowie zugelassene Abholer kann mit individuell erteilten Erlaubnissen Zutritt gewährt werden (BGH, Urteil vom 04.03.2004 – 4 StR 377/03, Randnummer 15).
Auf einem Betriebsgelände befindliche Verkehrsflächen, welche der Allgemeinheit, das heißt einem nicht durch persönliche Beziehungen miteinander verbundenen Personenkreis, zugänglich sind, sind hingegen öffentlicher Verkehrsraum (BGH, Urteil vom 04.03.2004 – 4 StR 377/03, Randnummer 16).
Auch das KG sah ein öffentlich zugängliches Betriebsgelände als öffentlichen Verkehrsraum an (KG, Urteil vom 12.02.2004 – 12 U 258/02).
Beschränkte Privatstraßen und beschränkte Privatwege
Damit Privatstraßen und Privatwege zweifelsfrei dem nicht öffentlichen Verkehrsraum hinzugerechnet werden können, müssen der Beschränkungswille und die Beschränkungsvorkehrungen erkennbar sein.
Beschränkungswille und Beschränkungsvorkehrungen
Maßnahmen, die den Beschränkungswillen und die Beschränkungsvorkehrungen zweifelsfrei erkennen lassen, sind meiner Meinung nach
- Ampeln,
- Schranken,
- Zäune und
- Zugangskontrollen (Pförtner und Zugang an bestimmte Personen).
Fazit
Verkehrsflächen, die für jedermann offenstehen oder wo der allgemeine Verkehr vom Berechtigten geduldet wird, zählen zum öffentlichen Verkehrsraum.
Beispiele hierfür sind Stadtstraßen, Landstraßen, Autobahnen und auch Parkplätze von Supermärkten oder Raststätten, solange sie frei zugänglich sind.
Nicht öffentlicher Verkehrsraum liegt vor, wenn der Berechtigte erkennbar nicht jedem die Benutzung gestatten will, sondern durch Beschränkungsvorkehrungen, Zugangskontrollen und Hinweise oder durch die Art der Gestaltung offensichtlich zum Ausdruck bringen will, dass er den Gebrauch der Verkehrsfläche nur einem abgegrenzten, von ihm bestimmten Benutzerkreis gestatten will.
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