Schwertransport Kosten: Gebühren in Deutschland [StVO 2020]
Die StVO 2020 enthält eine große Änderung im Bereich Großraum- und Schwerverkehr. Es wurde genau festgelegt, wie Gebühren für einen Großraum- und Schwertransport zu berechnen sind. Dabei wurde die Erhebung der Gebühren vereinheitlicht. Wie viel kostet eine Genehmigung für einen Großraum- und Schwertransport ab dem 01.01.2021 in Deutschland?
Eine Genehmigung für einen Großraum- und Schwertransport kostet in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 40,00 € und 1300,00 €.
Laut Verordnungsgeber sollen durch die StVO 2020 nachvollziehbare Entscheidungen über die Gebührenhöhe ermöglicht werden. Ferner soll dadurch auch die Verwaltung vereinfacht werden. Durch die StVO 2020 gibt es bei den Gebühren insofern keinen Raum für länderspezifische Eigenheiten mehr.
Dieser Artikel zeigt dir,
- wie die Gebühren für einen Schwertransport berechnet werden,
- welche Einzelfaktoren bei der Gebührenerhebung relevant sind,
- wie viel Änderungen von bestehenden Genehmigungen kosten,
- ob die Ablehnung eines Antrages kostenpflichtig ist,
- ab wann die Gebühren so berechnet werden,
- und ob der Verordnungsgeber es durch die StVO 2020 geschafft hat mehr Transparenz für Antragsteller zu schaffen und die Verwaltung zu vereinfachen.
Los geht’s!
Genehmigung
Mit der StVO 2020 wurde auch die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) angepasst. Durch Änderung der GebOSt 2020 wurden die Gebühren für die gesamte Bundesrepublik vereinheitlicht.
Hierzu wurde die GebOSt durch einen Anhang ergänzt. Insofern beträgt die Grundgebühr bei Erteilung einer Erlaubnis oder Ausnahme 40,00 €.
Darüber hinaus erhöht sich die Grundgebühr in Abhängigkeit der folgenden Faktoren:
- Erlaubnis- oder Genehmigungszeitraum (fZ)
- Gesamtmasse (fM)
- Zu beteiligende Stellen (fB)
- Zu genehmigende Strecken, Flächen oder Bereiche (fStr)
- Anzahl der Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen (fF)
- Anzahl der erheblichen Maßüberschreitungen (fMÜ)
- Zusätzlicher Arbeitsaufwand (fA)
Zur Ermittlung des Gesamtfaktors werden die einzelnen Faktoren addiert.
f = fZ + fM + fB + fStr + fF + fMÜ + fA
Anschließend wird der Gesamtfaktor mit der Grundgebühr multipliziert.
Erhöhungsbetrag = f * 40,00 €.
Im Ergebnis setzt sich die Gesamtgebühr aus der Grundgebühr und dem Erhöhungsbetrag zusammen.
Gesamtgebühr = 40,00 € + Erhöhungsbetrag
Allerdings darf die Gesamtgebühr nicht mehr als 1.300,00 € betragen.
Einzelfaktoren der Gebührenerhebung werden im Folgenden erläutert.
Erlaubnis- oder Genehmigungszeitraum
Der Erhöhungswert für den Erlaubnis- oder Genehmigungszeitraum berechnet sich nach folgenden Formeln.
Zeitraum 1 bis 3 Monate:
fZ = 0,5 * x – 0,5
Zeitraum mehr als 3 bis 12 Monate:
fZ = 1/9 * x + 2/3
Zeitraum mehr als 12 bis 36 Monate:
fZ = 1/24 * x + 1,5
Für x trägt man die Anzahl der Monate ein.
Gesamtmasse
Der Faktor für die Gesamtmasse ermittelt sich nach diesen Formeln.
Gesamtmasse 41,8 t bis 200 t:
fM = 0,037926675 * x – 1,58533502
Gesamtmasse mehr als 200 t:
fM = 0,01 * x + 4
Für x ist die Gesamtmasse des Fahrzeuges oder der Fahrzeugkombination einzutragen.
Zu beteiligende Stellen
Für den Erhöhungsfaktor fB wird die Anzahl der am Genehmigungsverfahren durch die Genehmigungsbehörde zu beteiligenden Stellen berechnet.
Es wird folgende Formel angewandt:
fB = 4/9 * x – 4/9
X ist die Summe aller am Verfahren zu beteiligenden Stellen, einschließlich der des eigenen Bundeslandes.
Laut den Hinweisen zum VEMAGS® Gebührenrechner sollen zur Anzahl der beteiligten Stellen auch die Stellen im eigenen Bundesland gezählt werden. Dabei soll die Erlaubnis- und Genehmigungsbehörde nicht hinzugezählt werden (VEMAGS® Gebührenrechner).
Mehrfach angehörte Behörden sollen trotzdem nur als eine beteiligte Stelle gezählt werden (VEMAGS® Gebührenrechner).
Beispiel: Die Polizei wird von zwei unterschiedlichen Straßenverkehrsbehörden angehört. Die betroffene Polizeidienststelle wird bei der Anzahl der beteiligten Stellen trotzdem nur einmal gezählt.
Es ist aber Vorsicht geboten: Die Hinweise zum VEMAGS® Gebührenrechner sind nicht rechtsverbindlich.
Laut dem VEMAGS® Gebührenrechner sollen die anzuhörenden Stellen und die Anhörungsbehörden zu den am Verfahren beteiligten Stellen gehören (VEMAGS® Gebührenrechner).
Das würde bedeutet, dass sowohl die Stellen, die die Erlaubnis- und Genehmigungsbehörde direkt angehört hat, als auch die Unteranhörungen zur Anzahl der beteiligten Stellen hinzurechnet werden.
Allerdings gilt es zu beachten, dass sich der VEMAGS® Gebührenrechner und die fachrechtlichen Details zur Bildung der Faktoren noch in der Abstimmung mit dem Bundesverkehrsministerium befinden (VEMAGS® Gebührenrechner).
Demnach bleibt bis auf Weiteres unklar, ob die Unteranhörungen bei der Berechnung der Gebühren berücksichtigt werden müssen. Durch Ländererlass kann die Berücksichtigung der Unteranhörungen bei der Gebührenberechnung vorgeschrieben werden.
Zu genehmigende Strecken, Flächen oder Bereiche
Als eine Strecke gilt ein zusammenhängender Fahrtweg. Ein zusammenhängender Fahrtweg kann aus Last- und Leerfahrt bestehen.
Bei flächendeckenden Daueranträgen gilt die Anzahl der nach Landesrecht festgelegten Flächen beziehungsweise Bereiche. Die „Anzahl“ gibt an, wie viele Strecken, Flächen oder Bereiche Eingang in die Erlaubnis finden.
Die Festlegung des Erhöhungsfaktors für die zu genehmigenden Strecken, Flächen oder Bereiche erfolgt durch Anwendung der folgenden Formel:
fStr = (x – 1) / 2
Für x ist die Anzahl der Strecken, Flächen oder Bereiche einzutragen.
Die Arbeitsgruppe “Großraum- und Schwerverkehr” hat Ende 2020 festgestellt, dass die Regelungen der Gebührennummer 263.1 GeBOSt zu unterschiedlichen Gebühren bei flächendeckenden Daueranträgen in den einzelnen Ländern führen könnten.
Um dies zu verhindern, hat die Arbeitsgruppe “Großraum- und Schwerverkehr” eine Tabelle zur einheitlichen Auslegung der Flächen entworfen (Schreiben des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen vom 10.12.2020 – 7i 08 AG GST, Seite 2):
Fläche | x | fStr |
---|---|---|
Ein Landkreis / Eine kreisfreie Stadt | 1 | (1-1) / 2 = 0 |
Mehrere Landkreise / Mehrere kreisfreie Städte | 2 | (2-1) / 2 = 0,5 |
Ein Bundesland | 3 | (3-1) / 2 = 1 |
Mehrere Bundesländer | 4 | (4-1) / 2 = 1,5 |
Bundesrepublik Deutschland | 5 | (5-1) / 2 = 2 |
Bei einer flächendeckenden Dauergenehmigung für die Bundesrepublik Deutschland, wird beispielsweise für x der Wert 5 eingetragen.
Bei der Berechnung von fStr führt dies zu folgendem Ergebnis:
fStr = (x – 1) / 2
fStr = (5 – 1) / 2
fStr = 2
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat keine Bedenken gegenüber der Anwendung der oben dargestellten Tabelle der Arbeitsgruppe “Großraum- und Schwerverkehr” geäußert.
Allerdings ist die oben dargestellte Tabelle mit Vorsicht zu genießen: Jedes Bundesland kann selbst entscheiden, ob es den ihnen unterstellten Erlaubnis- und Genehmigungsbehörden die oben dargestellte Tabelle zur Anwendung empfiehlt.
Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen
Für den Erhöhungsfaktor fF wird die Anzahl der Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen in folgende Formel eingetragen:
fF = 2/9 * x – 2/9
Bei mehreren zulässigen Fahrzeugkombinationen ergibt sich die Anzahl aus der Multiplikation der Zahl der Zugmaschinen mit der Zahl der Anhänger.
Auch bei der Anzahl der Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen hat die Arbeitsgruppe “Großraum- und Schwerverkehr” Ende 2020 einen Bedarf zur Konkretisierung festgestellt.
Laut Vorschlag der Arbeitsgruppe “Großraum- und Schwerverkehr” sollen bei der Festlegung des Erhöhungsfaktors fF die tatsächlich gleichzeitig einsetzbaren Fahrzeugkombinationen herangezogen werden (Schreiben des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen vom 10.12.2020 – 7i 08 AG GST, Seite 3).
Wenn zum Beispiel 10 Zugfahrzeuge und 5 Anhänger beantragt wurden, so wären nach dem Vorschlag der Arbeitsgruppe “Großraum- und Schwerverkehr” maximal 5 Fahrzeugkombinationen bei der Gebührenberechnung anzusetzen.
fF = 2/9 * x – 2/9
fF = 2/9 * 5 – 2/9
fF = 0,89
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat zum oben genannten Vorschlag der Arbeitsgruppe “Großraum- und Schwerverkehr” ebenfalls keine Bedenken geäußert.
Ob die Erlaubnis- und Genehmigungsbehörden nur tatsächlich gleichzeitig einsetzbare Fahrzeugkombinationen bei der Festlegung des Erhöhungsfaktor fF ansetzen, ist davon abhängig, ob die jeweilig zuständige Landesregierung dies empfiehlt.
Anzahl der Maßüberschreitungen
Eine erhebliche Maßüberschreitung liegt vor, wenn einer der folgenden Werte überschritten wird:
- Länge mehr als 50,00 m
- Breite mehr als 4,00 m
- Höhe mehr als 4,35 m
Für den Faktor fMÜ gelten die folgenden festen Werte:
- ein Wert ist überschritten fMÜ = 2
- zwei Werte sind überschritten fMÜ = 4
- drei Werte sind überschritten fMÜ = 6
Zusätzlicher Arbeitsaufwand
Beim zusätzlichen Arbeitsaufwand ist der Aufwand für die Antragstellung, die Antragsdaten, der Fahrweg, das Anhörverfahren und die Bescheiderteilung getrennt zu bewerten.
Der höchste jeweils im Einzelfall ermittelte Aufwand ist für die Bestimmung des Faktors fa maßgeblich.
Wenn der Aufwand für den Bescheid zum Beispiel normal ist, der Aufwand bei der Antragstellung jedoch hoch, ist der zusätzliche Arbeitsaufwand insgesamt als hoch einzustufen (Referentenentwurf zur StVO Novelle 2020, Seite 32-38).
Anhaltspunkte, wie der zusätzliche Arbeitsaufwand ermittelt werden sollte, finden sich in den Kriterien zur Bestimmung des zusätzlichen Arbeitsaufwandes. Die Projektleitung VEMAGS®-Verfahrens-Modul hat in den Kriterien zur Bestimmung des zusätzlichen Arbeitsaufwandes tabellarisch verschiedene Sachverhalte den Stufen normal, erhöht, hoch, sehr hoch und außergewöhnlich hoch zugeordnet (VEMAGS® Gebührenrechner).
Nach den Kriterien zur Bestimmung des zusätzlichen Arbeitsaufwandes soll der zusätzliche Aufwand, der vom Antragsteller veranlasst wurde und nicht von anderen Kriterien abgedeckt ist, einer Stufe zugeordnet werden. Dabei soll es keine Rolle spielen, ob der zusätzliche Aufwand bei der Erlaubnis- und Genehmigungsbehörde oder den beteiligten Stellen entstanden ist.
Die Kriterien zur Bestimmung des zusätzlichen Arbeitsaufwandes regen beispielsweise an, dass der zusätzliche Arbeitsaufwand in Bezug auf den Fahrtweg als sehr hoch eingestuft werden sollte, wenn die Behörde bei der Ermittlung eines geeigneten Fahrtweges mitwirken musste.
Warum sind die Kriterien zur Bestimmung des zusätzlichen Arbeitsaufwandes nur als Empfehlung zu verstehen?
Die Projektleitung VEMAGS®-Verfahrens-Modul ist Urheber der Kriterien zur Bestimmung des zusätzlichen Arbeitsaufwandes. Eine Mitwirkung der Bundesregierung ist nicht ersichtlich. Folglich kann das vorgenannte Dokument nicht als rechtsverbindlich eingestuft werden.
Beispiel für eine Gebührenerhebung StVO 2020
Im obigen Fall ergibt sich ein Gesamtfaktor für die Berechnung des Erhöhungsbetrages von 28,81. Folglich beträgt der Erhöhungsbetrag 1.152,40 €. Zusammen mit der Grundgebühr ergibt sich eine Gesamtgebühr in Höhe von 1.192,40 €.
Hier könnte es sich zum Beispiel um eine dreimonatige Einzelerlaubnis und 5 Fahrzeugkombinationen handeln.
Ferner würde die tatsächliche Gesamtbreite 4,50 m, die Gesamthöhe 4,40 m, betragen.
Durch erneute Anhörungen aufgrund von Änderungen beim Fahrweg, sowie Anpassungen und Rückfragen, würde der Arbeitsaufwand im Bereich des Anhörverfahrens als sehr hoch eingestuft werden.
Der zusätzliche Arbeitsaufwand würde damit insgesamt als sehr hoch gewertet werden.
Änderung
Zur Klarstellung, dass auch bei Änderung einer bestehenden Erlaubnis oder Ausnahme Gebühren erhoben werden dürfen, wurde Gebührennummer 263.1.3 in die GeBOSt übernommen (Referentenentwurf zur StVO Novelle 2020, Seite 114).
Bei Änderung einer bestehenden Erlaubnis oder Ausnahme wird wiederrum zwischen
- gewöhnlichem Aufwand (Gebührennummer 263.1.3.1 GeBOSt)
- und geringem Aufwand (Gebührennummer 263.1.3.2 GeBOSt)
unterschieden.
Du ahnst es schon: Ob es sich um einen gewöhnlichen Aufwand oder einen geringen Aufwand handelt, entscheidet im Endeffekt die Erlaubnis- und Genehmigungsbehörde.
Bei gewöhnlichem Aufwand berechnet sich die Gebühr für die Änderung einer bestehenden Erlaubnis oder Ausnahme nach der Gebührennummer 263.1.1 GeBOSt.
Gebührennummer 263.1.1 GeBOSt regelt die Gebührenhöhe bei Erteilung einer Erlaubnis oder Ausnahme.
Mit anderen Worten: Bei gewöhnlichem Aufwand zur Änderung einer bestehenden Erlaubnis oder Ausnahme springst du wieder in das Kapitel Genehmigung.
Ist der Aufwand nur gering, wird die Gebühr nach Zeitaufwand berechnet.
Dabei werden je angefangene Viertelstunde Bearbeitungszeit 10,00 € fällig.
Ablehnung
Der Verordnungsgeber wollte ebenfalls klarstellen, dass bei Ablehnung eines Antrages auf Erlaubnis oder Ausnahme Gebühren erhoben werden dürfen (Referentenentwurf zur StVO Novelle 2020, Seite 114).
Entscheidung über eine Erlaubnis oder Ausnahme bei Großraum- oder Schwertransporten nach § 29 Absatz 3 oder § 46 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 StVO bei Ablehnung eines Antrages auf Erlaubnis oder Ausnahme aus anderen Gründen als wegen Unzuständigkeit …
Gebührennummer 263.1.2 GeBOSt
Was ist unter einer Ablehnung zu verstehen?
Die Behörde kann das Verfahren durch Ablehnung beenden, wenn das Verfahren seitens des Antragstellers nicht mehr betrieben wird und sofern der Antragsteller nicht den Antrag zurücknimmt (BR-Drucksache 591/19 Seite 99; Referentenentwurf zur StVO Novelle 2020, Seite 114).
Die Beendigung des Verfahrens durch die Straßenverkehrsbehörde wird Ablehnung genannt.
Vor einer gebührenpflichtigen Ablehnung eines Antrages auf Erlaubnis oder Ausnahme sollte die zuständige Behörde daher zunächst dem Antragsteller die Gelegenheit geben seinen Antrag zurückzunehmen.
Die Gebührenhöhe bei einer Ablehnung eines Antrages auf Erlaubnis oder Ausnahme eines Großraum- oder Schwertransportes regelt sich nach Gebührennummer 263.1.2 GeBOSt.
Für eine Ablehnung eines Antrages werden 75 % der Gebühr angesetzt, die bei Erteilung einer Erlaubnis oder Ausnahme fällig gewesen wäre (Gebührennummer 263.1.2 GeBOSt).
Konkret bedeutet das für Straßenverkehrsbehörden, dass bei Ablehnung eines Antrages auf Erlaubnis oder Ausnahme zunächst die Schritte aus dem Kapitel Genehmigung befolgt werden müssen.
Die so errechnete Gebührenhöhe wird allerdings nur zu 75 % an den Antragsteller weitergegeben.
Rücknahme
Für Entscheidung über eine Erlaubnis oder Ausnahme bei Großraum- oder Schwertransporten nach § 29 Absatz 3 oder § 46 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 StVO werden bei Rücknahme 75 % der Gebühr angesetzt, die bei Erteilung einer Erlaubnis oder Ausnahme fällig gewesen wäre (Gebührennummer 263.1.2 GeBOSt).
Zur Rücknahme äußert sich weder die GebOSt, noch der Referentenentwurf, wie diese Begriffe zu verstehen sind.
Meiner Meinung nach ist dieser Begriff im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) auszulegen.
Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
§ 48 Absatz 1 VwVfG
Ein Beispiel:
Ein Antragsteller gibt falsche Abmessungen an. Er erhält einen Bescheid. In einer Polizeikontrolle fällt den Beamten auf, dass die Abmessungen überschritten sind. Der Verwaltungsakt ist aufgrund falscher Tatsachen seitens des Antragsteller bekannt gegeben worden. Abgesehen von einem Einziehungsverfahren durch die Polizei, kann sich die Verwaltungsbehörde dazu entscheiden den rechtswidrig ergangenen Bescheid zurückzunehmen.
In VEMAGS® kann eine Rücknahme einer Entscheidung über eine Erlaubnis oder Ausnahme bei Großraum- oder Schwertransporten nach § 29 Absatz 3 oder § 46 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 StVO nur über einen Widerruf durchgeführt werden.
Widerruf
Für Entscheidung über eine Erlaubnis oder Ausnahme bei Großraum- oder Schwertransporten nach § 29 Absatz 3 oder § 46 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 StVO werden bei Widerruf 75 % der Gebühr angesetzt, die bei Erteilung einer Erlaubnis oder Ausnahme fällig gewesen wäre (Gebührennummer 263.1.2 GeBOSt).
Auch der Begriff des Widerrufs wird von der GebOSt und dem Referentenentwurf nicht näher erläutert.
In diesem Zusammenhang bin ich ebenfalls der Ansicht, dass der Begriff des Widerrufs im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) auszulegen ist.
Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
§ 49 Absatz 1 VwVfG
Ein Beispiel:
Ein Antragsteller beantragt für einen bereits zugestellten Bescheid eine Fahrtwegänderung. Der vorangegangene Bescheid war rechtmäßig, da zum Zeitpunkt der Ausstellung des Bescheides der Fahrtweg geeignet war. Der rechtmäßige Verwaltungsakt wird widerrufen.
Durch Antragsteller zurückgezogene Anträge
Ein Antragsteller hat einen Antrag auf einen Großraum- und Schwertransport nach § 29 Absatz 3 oder § 46 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 StVO zurückgezogen.
Der Antragsteller könnte zum Beispiel seinen Antrag zurückgezogen haben, da erfolglos einige Strecken geprüft wurden.
Kann die Erlaubnis- und Genehmigungsbehörde für einen durch den Antragsteller zurückgezogenen Antrag auf einen Großraum- und Schwertransport nach § 29 Absatz 3 oder § 46 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 StVO Gebühren erheben?
Bei von Antragstellern zurückgezogenen Anträgen auf Großraum- und Schwertransporte nach § 29 Absatz 3 oder § 46 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 StVO gibt es aus meiner Sicht derzeit in der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) keine Rechtsgrundlage zur Erhebung einer Gebühr durch die Erlaubnis- und Genehmigungsbehörde.
Landesrechtliche Gebührengesetze können jedoch die Festsetzung weiterer Gebühren und Auslagen durch Rechtsverordnung oder Satzung ermöglichen.
In Baden-Württemberg regelt beispielsweise das Landesgebührengesetz (LGebG) die Festsetzung und Erhebung von Gebühren und Auslagen für öffentliche Leistungen durch Behörden, soweit nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist (§ 1 LGebG).
Da die GebOSt keine Regelung zur Festsetzung und Erhebung von zurückgezogenen Anträgen auf Großraum- und Schwertransporte nach § 29 Absatz 3 oder § 46 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 StVO trifft, ist der Anwendungsbereich des LGebG eröffnet.
Die Landratsämter, Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden setzen für ihren Bereich, sofern sie Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörden im Sinne des Landesverwaltungsgesetzes […] wahrnehmen, die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren fest; die Landratsämter treffen die Festsetzungen durch Rechtsverordnung, die Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften durch Satzung.
§ 4 Absatz 3 LGebG
Für die Festsetzung und Erhebung der Gebühren und Auslagen gilt für die Landratsämter in Baden-Württemberg das LGebG (§ 4 Absatz 3 LGebG).
Bei Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden richtet sich die Festsetzung und Erhebung von Gebühren nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) (§ 4 Absatz 3 LGebG).
Landratsämter in Baden-Württemberg können beispielsweise durch Rechtsverordnung in einer Gebührenordnung Gebühren für zurückgenommenen Anträge festlegen.
Ein Beispiel für einen Gebührentatbestand und eine Gebühr aufgrund eines zurückgenommenen Antrages:
Wird ein Antrag zurückgenommen oder unterbleibt eine öffentliche Leistung aus sonstigen Gründen, wenn mit der sachlichen Bearbeitung begonnen, die Erbringung der öffentlichen Leistung aber noch nicht beendet war
Rahmengebühr: 1/100 bis zum vollen Betrag der Gebühr, mindestens 10 €
Erlaubnis- und Genehmigungsbehörden können daher auf Grundlage von landesrechtlichen Vorgaben in Verbindung mit einer entsprechenden Rechtsverordnung oder Satzung auf zurückgezogene Anträge auf Großraum- und Schwertransporte nach § 29 Absatz 3 oder § 46 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 StVO Gebühren erheben.
Inkrafttreten der geänderten Gebührenerhebung
Die geänderten Rechtsgrundlagen zur Gebührenerhebung sind am 01.01.2021 in Kraft getreten.
Warum ist das so?
… Artikel 2 Nummer 2 bis 5 treten am 01.01.2021 in Kraft.
Artikel 6 der 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften
Moment… wir haben’s gleich geschafft …
Was steht in Artikel 2 Nummer 2 bis 5 der 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften?
Artikel 2 Nummer 2 bis 5 der 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften führt die neuen Gebührennummern für Entscheidungen über Erlaubnisse und Ausnahmen bei Großraum- und Schwertransporten ein.
Des Weiteren wurde hier der neue Anhang mit den Einzelfaktoren eingeführt.
Digitale Tabelle
Nach der Begründung zur StVO Novelle 2020 soll den Verkehrsbehörden für den Bereich Großraum- und Schwerverkehr über die Länder eine digitale Tabelle übersandt werden, in der bereits die Berechnungsformeln enthalten sind (Referentenentwurf zur StVO Novelle 2020, Seite 121).
Möchtest du auch ohne Internetzugang die Gebühren für einen Großraum- und Schwertransport berechnen?
Einer meiner Seminarteilnehmer, Herr Jacob-da Rosa, hat eine digitale Tabelle mit allen Formeln zur Berechnung der Gebühren für Großraum- und Schwertransporte nach der GebOSt 2020 erstellt.
Diese kannst du dir unter diesem Link herunterladen:
Download “stvo2Go Gebührenberechnung bei Großraum- und Schwertransporten” gebuehren_gsv_2020_2.xlsx – 3567-mal heruntergeladen – 12,76 kBEin großes Dankeschön geht an Herrn Jacob-da Rosa, der mir diese digitale Tabelle zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt hat.
Zwischenzeitlich ist ein browserbasierter Gebührenrechner über VEMAGS® unter dem vorgenannten Link verfügbar.
Fazit
Die geänderte Gebührenerhebung ist am 01.01.2021 in Kraft getreten. Das hat der Verwaltung Zeit gegeben sich auf die umfangreichen Änderungen einzustellen.
Mit der neuen Art Gebühren für Großraum- und Schwertransporte zu berechnen wurde nur bedingt mehr Transparenz für Antragsteller geschaffen. Undurchsichtig bleibt für Antragsteller, wie Straßenverkehrsbehörden den Faktor “Zusätzlicher Arbeitsaufwand” einstufen.
Bei Änderungen von bestehenden Genehmigungen entscheidet der Sachbearbeiter der Straßenverkehrsbehörde, ob es sich um einen gewöhnlichen oder geringen Aufwand handelt. Die Auswahl der Sachbearbeitung bestimmt letztendlich die Gebührenhöhe bei Änderung von bestehenden Genehmigungen.
Bei Verwendung einer digitalen Tabelle zur Berechnung der Gebühren, werden einige Straßenverkehrsbehörden – gemessen am behördenspezifischen früheren Berechnungsmodell – mitunter mehr Zeit benötigen Genehmigungen auszustellen.
Jeder einzelne Faktor muss erfasst werden. Beim zusätzlichen Arbeitsaufwand muss der Sachbearbeiter entscheiden, ob es sich um einen normalen, erhöhten, hohen, sehr hohen oder außergewöhnlich hohen zusätzlichen Arbeitsaufwand handelt.
Auch bei der Änderung einer bestehenden Genehmigung wurde eine zusätzliche Hürde eingebaut: Die Straßenverkehrsbehörde muss entscheiden, ob es sich um einen gewöhnlichen oder geringen Aufwand bei der Bearbeitung der Änderung handelt.
Unter diesen Gesichtspunkten hat der Verordnungsgeber meiner Ansicht nach auch beim Thema Verwaltungsvereinfachung das Ziel der StVO 2020 im Bereich Großraum- und Schwerverkehr verfehlt.
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