Ortstafel aufstellen: Diese 9 Punkte sind zu beachten
Immer wieder wird von zu hohen Geschwindigkeiten an Ortseingängen berichtet. Die Lösung scheint denkbar einfach: Man beantragt die Versetzung der Ortstafel und das Problem ist gelöst. Tatsächlich haben Behörden beim Standort einer Ortstafel aber wenig Spielraum. Was muss beim Aufstellen einer Ortstafel beachtet werden?
Ortstafeln sind ortseinwärts am Beginn der geschlossenen Bebauung auf der rechten Straßenseite aufzustellen. Auf der Ortstafel ist der Name der Ortschaft anzubringen. Wenn der Verwaltungsbezirk vom Ortsnamen abweicht, ist unter dem Ortsnamen der Verwaltungsbezirk zu nennen.
Im heutigen Beitrag werden folgende Fragen beantwortet:
- Was ist eine Ortshinweistafel?
- Welche Verkehrsregeln gehen von einer Ortstafel aus?
- Was ist eine geschlossene Bebauung?
- Wo muss eine Ortstafel aufgestellt werden?
- Wie ist eine Ortstafel ausgestaltet?
Bereit? Dann los!
Unterschied zwischen Ortstafel und Ortshinweistafel
Eine Ortstafel (Zeichen 310) ist ein gelbes rechteckiges Verkehrszeichen mit schwarzer Umrandung. Die Schrift ist ebenfalls schwarz (Anlage 3 Abschnitt 2 Ortstafel StVO).
Ortshinweistafeln (Zeichen 385) sind hingegen grün. Schrift und Umrandung sind gelb (Anlage 3 Abschnitt 9 Hinweise laufende Nummer 30 StVO).
Ortstafeln haben im Gegensatz zu Ortshinweistafeln Regelungscharakter. Ortstafeln regeln die zulässige Höchstgeschwindigkeit und das Parken.
Ab einer Ortstafel gilt ortseinwärts für alle Kraftfahrzeuge Tempo 50 (§ 3 Absatz 3 StVO).
Außerorts darf auf der Fahrbahn von Vorfahrtstraßen nicht geparkt werden (Anlage 3 Abschnitt 1 Vorrangzeichen laufende Nummer 2 StVO). Innerhalb geschlossener Ortschaften ist Parken entlang von Vorfahrtstraßen erlaubt.
Fährt man mit einem Personenkraftwagen oder einem anderen Kraftfahrzeug mit einer zulässigen Gesamtmasse bis 3,5 t aus einer Ortschaft hinaus, so gilt nach der Ortstafel eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h (§ 3 Absatz 3 StVO).
Ortstafeln signalisieren ortseinwärts, dass mit veränderten Verkehrssituationen zu rechnen ist. Dazu gehören
- viele Kreuzungen und Einmündungen,
- Parkplatz suchende Fahrzeuge,
- vom Fahrbahnrand anfahrende Fahrzeuge und
- viele querende Fußgänger.
Standort einer Ortstafel
Die Gemeindegrenze oder die Straßenbaulast hat keinerlei Einfluss auf die Aufstellung einer Ortstafel (VwV-StVO zu den Zeichen 310 und 311).
OD-Steine, der Beginn eines anbaufreien Verknüpfungsbereiches (ODV) oder eines angebauten Erschließungsbereiches (ODE) haben folglich keine Auswirkung auf den Standort einer Ortstafel.
Der Begriff “Ortsdurchfahrt” kommt aus dem Straßenbaurecht und hat nichts mit dem Begriff “geschlossene Ortschaft” zu tun.
Die Richtlinie für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen weist darauf hin, dass “die Grenzen der geschlossenen Ortschaft im Sinne der StVO […] durch die Ortstafeln […] bestimmt” werden (Kapitel II 4 Ortsdurchfahrtenrichtlinien – ODR).
Auch einzelne unbebaute Grundstücke sind für den Standort einer Ortstafel nicht entscheidend (VwV-StVO zu den Zeichen 310 und 311).
Wichtig ist alleine, wo die geschlossene Bebauung ortseinwärts auf einer der beiden Straßenseiten beginnt (VwV-StVO zu den Zeichen 310 und 311).
Übrigens: Selbst wenn sich bereits Unfälle durch überhöhte Geschwindigkeit an der betreffenden Stelle ereignet haben, ist das nach Ansicht des VG Braunschweig für die Aufstellung von Ortstafeln nicht ausschlaggebend (VG Braunschweig, Urteil vom 27.09.2011 – 6 A 10/09).
Geschlossene Bebauung
Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung definiert eine geschlossene Bebauung wie folgt:
Eine geschlossene Bebauung liegt vor, wenn die anliegenden Grundstücke von der Straße erschlossen werden.
VwV-StVO zu den Zeichen 310 und 311
Für mich ist mit der oben genannten Erschließung lediglich die Verkehrsanbindung gemeint, da die VwV-StVO den Behörden Vorgaben zur Ausführung der Straßenverkehrs-Ordnung macht.
Von einer Erschließung in Punkto Verkehrsanbindung spricht man, wenn ein Grundstück an das (öffentliche) Straßen- und Wegenetz angeschlossen wird.
Manchmal werden Grundstücke aber von einer parallel verlaufenden Straße erschlossen.
Bei rückwärtig erschlossenen Grundstücken liegt keine geschlossene Bebauung vor.
Für das VG Braunschweig liegt eine geschlossene Bebauung vor, wenn
- der Bebauungszusammenhang gegeben ist,
- und ein funktionaler Zusammenhang der Bebauung zur Straße besteht (VG Braunschweig, Urteil vom 27.09.2011 – 6 A 10/09).
Im Einzelnen geht es um Folgendes:
Für das VG Braunschweig besteht ein Bebaauungszusammenhang bei einer Ortslage, “aus der sich ortstypische, für die Sicherheit oder Ordnung des Straßenverkehrs relevante Verkehrslagen ergeben”.
Ein funktionaler Zusammenhang der Bebauung zur Straße liegt laut VG Braunschweig vor, wenn von der Bebauung typische Verkehrsgefahren auf den Straßenverkehr ausgehen.
Einzelne unbebaute Grundstücke
Das VG Braunschweig wies in diesem Zusammenhang ebenfalls darauf hin, dass eine geschlossene Bebauung auch dann vorliegt, wenn die Bebauung durch “einzelne unbebaute Grundstücke unterbrochen wird” (VG Braunschweig, Urteil vom 27.09.2011 – 6 A 10/09).
Dies läge laut dem oben genannten Urteil bei Bolzplätzen vor, da von den dortigen Kindern und Jugendlichen Beeinträchtigungen für den Straßenverkehrs ausgehen würden.
Achtung: Es geht beim Urteil des VG Braunschweig um eine Unterbrechung einer Bebauung durch einzelne unbebaute Grundstücke, und nicht um einzelne unbebaute Grundstücke direkt nach der Ortstafel.
Akzeptanz von Ortstafeln
Meiner Meinung nach hat der Verordnungsgeber den Standort der Ortstafel vom Beginn der geschlossenen Bebauung abhängig gemacht, da Fahrzeugführer Tempo 50 erfahrungsgemäß akzeptieren, wenn das Umfeld an sich eindeutig den Eindruck vermittelt, dass an der betreffenden Stelle eine geschlossene Ortschaft beginnt.
Mit einer geschlossenen Bebauung beginnt unmissverständlich eine geschlossene Ortschaft.
Ortstafeln und Lärmschutz
Zur Durchsetzung von Lärmschutz werden keine Ortstafeln eingesetzt.
Wenn Lärmschutzmaßnahmen erforderlich sind, sind diese durch Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durchzusetzen.
Geschwindigkeitsbeschränkungen werden mit Zeichen 274 vorgegeben.
Standort von Ortstafeln ortsauswärts
Ortstafeln werden fast ausschließlich in doppelseitiger Ausführung aufgestellt. Das bedeutet, dass auf der einen Seite Zeichen 310, und auf der anderen Seite Zeichen 311, aufgebracht wird.
Zeichen 310 markiert den Beginn einer geschlossenen Ortschaft (Anlage 3 Abschnitt 2 Ortstafel laufende Nummer 5 StVO).
Nach Zeichen 311 befindet man sich wiederum außerhalb geschlossener Ortschaften (Anlage 3 Abschnitt 2 Ortstafel laufende Nummer 6 StVO).
Warum werden Ortstafeln doppelseitig ausgeführt?
Verkehrszeichen sind im Normalfall rechts neben der Fahrbahn aufzustellen. Ausnahme: In der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) ist etwas anderes bestimmt (VwV-StVO zu den §§ 39 bis 43).
Bei Juristen heißt das: lex specialis vor lex generalis.
Ins Deutsche übersetzt: Das Besondere gilt vor dem Allgemeinen. Wenn also zu einem bestimmten Verkehrszeichen etwas anderes zur Aufstellung geregelt ist, gilt diese Regelung vor der allgemein gültigen Rechtsaufstellung von Verkehrszeichen.
Die Benennung von Zeichen 310 als “Ortstafel Vorderseite” und Zeichen 311 als “Ortstafel Rückseite” spricht für eine grundsätzlich doppelseitige Ausführung von Ortstafeln (Anlage 3 Abschnitt 2 Ortstafel StVO).
Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung regelt weiterhin dass Ortstafeln
auf der für den ortseinwärts Fahrenden rechten Straßenseite so anzuordnen [sind], dass sie auch der ortsauswärts Fahrende deutlich erkennen kann.
VwV-StVO zu Zeichen 310 und 311
Trotz doppelseitiger Ausführung muss Zeichen 311, welches das Ende einer geschlossenen Ortschaft markiert, demnach auf der linken Straßenseite deutlich erkennbar sein.
Ist das “Ende einer geschlossenen Ortschaft” ortsauswärts nicht deutlich zu erkennen, so wird die Ortstafel auch links angebracht (VwV-StVO zu den Zeichen 310 und 311).
Dabei ist eine Linksaufstellung ortseinwärts gemeint. Dadurch ergeben sich zwei Ortstafeln mit beidseitiger Ausführung.
Ortstafeln an unbedeutenden Straßen
Ortstafeln müssen auch auf unbedeutenden Straßen aufgestellt werden.
Wichtig dabei: Es muss sich um unbedeutende Straßen für den allgemeinen Verkehr handeln (VwV-StVO zu den Zeichen 310 und 311).
Für den allgemeinen Verkehr gesperrte Wege müssen folglich nicht mit einer Ortstafel versehen werden.
Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) spricht bei der Aufstellung von Ortstafeln an unbedeutenden Straßen weder von Fahrverkehr, noch von Kraftfahrzeugverkehr, Radverkehr oder Fußgängerverkehr.
Mit der Formulierung allgemeiner Verkehr stellt der Verordnungsgeber klar, dass die Aufstellung von Ortstafeln an unbedeutenden Straßen nicht von bestimmten Verkehrsarten abhängig ist, sondern für alle Verkehrsarten relevant ist.
Bezeichnungen und Zusätze auf Ortstafeln
Ortstafel Vorderseite
Zusätze wie „Stadt”, „Kreisstadt” und „Landeshauptstadt” dürfen neben dem amtlichen Namen der Ortschaft und dem Verwaltungsbezirk auf der Vorderseite der Ortstafel aufgebracht werden (VwV-StVO zu den Zeichen 310 und 311).
Der höhere Verwaltungsbezirk hat auf Zeichen 310 nichts zu suchen; es sei denn, es kann so Verwechslungen vorgebeugt werden (VwV-StVO zu den Zeichen 310 und 311).
Andere Zusätze sind auf Ortstafeln nur zulässig, wenn diese Zusätze amtlich verliehen worden sind (VwV-StVO zu den Zeichen 310 und 311).
Ortstafel Rückseite
Auf der unteren Hälfte des Zeichens 311 wird die Ortschaft genannt, die verlassen wird (VwV-StVO zu den Zeichen 310 und 311).
Die Ortschaft, die verlassen wird, wird durch einen roten diagonalen Balken durchgestrichen (Anlage 3 Abschnitt 2 Ortstafel laufende Nummer 6 StVO).
Der Verwaltungsbezirk oder sonstige Zusätze müssen auf der unteren Hälfte der Ortstafelrückseite nicht genannt werden (VwV-StVO zu den Zeichen 310 und 311).
Darüber hinaus ist auf der oberen Hälfte des Zeichens 311 die nächste Ortschaft angegeben (VwV-StVO zu den Zeichen 310 und 311).
Alternativ kann im Zuge von Bundesstraßen das nächste Nahziel auf dem oberen Teil von Zeichen 311 angegeben werden (VwV-StVO zu den Zeichen 310 und 311).
Nahziele dürfen allerdings nicht willkürlich gewählt werden. Das nächste Nahziel ist über das Bundesstraßenverzeichnis mit den Fern- und Nahzielen (BVERZ) zu ermitteln.
Die Entfernung zur nächsten Ortschaft oder Nahziel muss im oberen Teil des Zeichens 311 in ganzen Kilometern angegeben werden (VwV-StVO zu den Zeichen 310 und 311).
Abmessungen einer Ortstafel
Eine Ortstafel ist 600 mm hoch und 900 mm breit (Anlage 3 Bild 10 RWB).
Die Schriftgröße von Zielangaben auf Verkehrszeichen ist von der zulässigen Höchstgeschwindigkeit abhängig.
Wenn keine Geschwindigkeitsbeschränkung vor einer Ortstafel angeordnet ist, gilt bis zur Ortstafel Tempo 100. Bei Tempo 100 ist bei seitlicher Aufstellung von Verkehrszeichen – beispielsweise bei einer Ortstafel – eine Schriftgröße von 175 mm zu wählen (Kapitel 5.3.2 RWB).
Bei einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h vor der Ortstafel darf die Schriftgröße auf einer Ortstafel auch lediglich 140 mm betragen (Kapitel 5.3.2 Tabelle 1 RWB).
Unabhängig von den allgemeinen Vorgaben, kann die Schriftgröße auf Ortstafeln jedoch auch größer sein: Auf Ortstafeln darf die maximal mögliche Schriftgröße gewählt werden (Kapitel 9.1 RWB).
Geschwindigkeitsbeschränkung vor einer Ortstafel
Vor dem Beginn geschlossener Ortschaften dürfen Geschwindigkeitsbeschränkungen zur stufenweisen Anpassung an die innerorts zulässige Geschwindigkeit nur angeordnet werden, wenn die Ortstafel (Zeichen 310) nicht rechtzeitig, im Regelfall auf eine Entfernung von mindestens 100 m, erkennbar ist (VwV-StVO zu Zeichen 274).
Ortstafel und weitere Verkehrszeichen am gleichen Pfosten
Können am gleichen Pfosten einer Ortstafel weitere Verkehrszeichen angebracht werden?
Weil die Bedeutung von Verkehrszeichen bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit zweifelsfrei erfassbar sein muss, sind Häufungen von Verkehrszeichen zu vermeiden. Es ist daher stets vorrangig zu prüfen, auf welche vorgesehenen oder bereits vorhandenen Verkehrszeichen verzichtet werden kann (VwV-StVO zu den §§ 39 bis 43).
Am gleichen Pfosten dürfen nicht mehr als drei Verkehrszeichen angebracht werden (VwV-StVO zu den §§ 39 bis 43).
Die VwV-StVO äußerst sich nicht zur Kombination von Richtzeichen oder Ortstafeln mit anderen Verkehrszeichen am gleichen Pfosten.
Sie gibt allerdings vor, dass andere Angaben als die zu den Zeichen 310 und 311 erwähnten, wie werbende Zusätze oder Stadtwappen, auf Ortstafeln nicht zulässig sind (VwV-StVO zu den Zeichen 310 und 311).
Die Ortstafel bestimmt: Hier beginnt eine geschlossene Ortschaft (Anlage 3 laufende Nummer 5 StVO).
Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt auch unter günstigsten Umständen innerhalb geschlossener Ortschaften für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h (§ 3 Absatz 3 Nummer 1 StVO).
Fahrzeuge dürfen außerhalb geschlossener Ortschaften auf Fahrbahnen von Vorfahrtstraßen nicht parken (Anlage 2 laufende Nummer 2 StVO).
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass innerhalb geschlossener Ortschaften auf Fahrbahnen von Vorfahrtstraßen das Parken nicht verboten ist.
Von Ortstafeln gehen damit indirekt bedeutende Regelungen zur zulässigen Höchstgeschwindigkeit und zum Parken aus.
Meiner Ansicht nach sollten daher keine weiteren Verkehrszeichen am gleichen Pfosten einer Ortstafel angebracht werden.
Fazit
Von Ortshinweistafeln gehen, im Gegensatz zu Ortstafeln, keine Verkehrsregeln aus.
Eine Ortstafel schreibt ortseinwärts eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 50 km/h für alle Kraftfahrzeuge vor.
Eine geschlossene Bebauung liegt vor, wenn die anliegenden Grundstücke von der Straße erschlossen werden.
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